Gedanken zum Sonntag Kantate
„Was erquickt deine Seele?“ Diese Frage ist manchmal gar nicht so leicht zu beantworten. Wenn etwas meine Seele erquickt, dann tut es mir gut, aber es schenkt mir auch neue Kraft. Es belebt und erfrischt mich.
In diesen Tagen ist das oft der Blick in den blauen Himmel. Nach der langen Zeit, in der ich auf den Frühling gewartet habe, merke ich, wie gut mir das Blau des Himmels tut und die Sonne, die endlich warm in mein Gesicht strahlt.
Seit Wochen habe ich auf den Frühling gewartet. Darauf – wie Ronja Räubertochter – endlich wieder den Frühlingsschrei zu schreien. Das ist eine meiner vielen Lieblingsstellen in dem Buch von Astrid Lindgren. Alles, was still sein musste im Winter, was brachlag, das ist jetzt wieder da. Und Ronja Räubertochter zerspringt das Herz schier vor Glück, deshalb muss sie laut schreien, um all das Wunderbare zu begrüßen: die Farben, das Draußensein und die Sonne auf der Haut.
An diesem Wochenende feiern wir den Sonntag „Kantate“ – „Singt“ und wir hören davon, dass auch Musik die Seele erquicken kann. König Saul, ein König Israels, von dem das alte Testament berichtet, leidet. Es geht ihm nicht gut. Immer wieder wird er traurig und schwermütig. Bis seine Diener eine Idee haben und den Harfenspieler David an den Hof holen. Ab jetzt spielt David immer dann, wenn es König Saul nicht gut geht. Und seine Melodien helfen Saul. Sie tun seinem Herzen gut, lassen ihn seine Sorgen vergessen und erquicken seine Seele.
Warme Sonnenstrahlen. Ein Frühlingsschrei und Musik, die zum Träumen einlädt. Gerade in Gesprächen merke ich immer wieder: Oft sind es die kleinen Momente im Leben, die die Seele erquicken. Es braucht nicht viel. Vielleicht eher den offenen Blick, um zu erkennen, was uns guttut und was unsere Seele erquickt. Was tut Deiner Seele gut?
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Diese Worte der Jahreslosung sind ein Bekenntnis Hagars. Gerade in ihrer Not erlebt sie: Gott sieht mich. Er sieht, wie es mir geht. Er sieht meine Not. Und er lässt mich damit nicht allein.
Das Bild der Jahreslosung zeigt Hagar, wie sie am Boden liegt. Im Hintergrund erkennt man als rot-orange Schemen Sara und Abraham, ihre Herren. Bis vor kurzem lebte sie noch als Sklavin bei ihnen. Sie sollte den beiden zu einem Kind verhelfen. Sara hatte die Idee, Abraham hat sich überreden lassen und Hagar hat mitgespielt.
Aber als Hagar schwanger wurde, wurde sie hochmütig. Immer hitziger wurden die Reibereien zwischen Sara und Hagar. Sara behandelte sie schlecht und Hagar sah auf die kinderlose Sara herab. Und Abraham hielt zu Sara. Ganz eng stehen sie auf dem Bild beieinander. Zwischen den Schemen ist kein Platz für Hagar. Irgendwann wird es so schlimm, dass sie flieht.
Jetzt kauert sie wie ein Häufchen Elend am Wegesrand. Mitten im Nirgendwo. Nichts auf dem Bild lässt erkennen, woher Hagar kommt und wohin ihr Weg führt. Sie ist verzweifelt.
Aber sie ist nicht allein. Klein und unscheinbar ist eine blaue Gestalt zu erkennen, die sich zu ihr beugt. Gottes Engel, der mit ihr spricht und ihr Mut macht. Gottes Engel, der sie spüren lässt: Du bist nicht allein. Gott sieht dich.
Das wird verstärkt durch den hellen weißen Strahl, der auf sie herabscheint. Gottes Blick, voller Liebe und Güte. Noch kauert Hagar am Boden. Aber in der Begegnung mit dem Engel erlebt sie, dass sie wieder neuen Lebensmut schöpft. Die Begegnung mit Gott verwandelt sie und richtet sie auf.
Jahreslosung 2023
"Du bist ein Gott, der mich sieht".
(Genesis, Kap. 16)
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ – das ist Hagars persönliches Glaubensbekenntnis und eine Botschaft, die mich persönlich zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt. Gott sieht die Not der Welt, aber auch unsere persönliche. Und er lässt uns nicht allein. In all dem, was gut funktioniert, aber auch in den schwierigen Situationen. Ich wünsche Ihnen, dass auch Sie immer wieder erfahren: Unser Gott ist ein Gott, der uns sieht.
Bleiben Sie behütet,
Ihre Pfarrerin Julia Lehner
Wochenspruch
"Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Heiler." (Sacharja 9,9)